Gutes Beispiel: Gleisbettbegrünung in Gera
Beispiel für Handlungsmöglichkeit: Begrünung; Rückhalt, Versickerung und Verdunstung
(Straßen-)bahngleise verlaufen, v. a. aus Gründen der Praktikabilität, zumeist in einem Bett aus Grobschotter. Dieses erlaubt zwar die Infiltration des Niederschlagswassers in den Bodenkörper, heizt sich jedoch mitunter stark auf und trägt somit zur städtischen Überwärmung und, insbesondere aufgrund der überwiegenden Lage in stark bevölkerten Stadtquartieren, zur sommerlichen Wärmebelastung für die Bevölkerung bei. Eine Alternative zum Schotterbett stellen begrünte Gleisbetten, die sogenannten Rasengleise, dar. Neben der Infiltration erlauben diese eine bessere Speicherung von Niederschlägen und wirken der städtischen Überwärmung durch eine gesteigerte Verdunstung aus Boden und Vegetation entgegen.
In der Stadt Gera wurde bereits recht frühzeitig, seit Anfang der 2000er Jahre, diese alternative Gestaltungsform der Straßenbahngleise in Betracht gezogen und umgesetzt.
Abb. 1: Bau der Rasengleise der Stadtbahnlinie 1
Die Idee hierfür erwuchs im Rahmen des Neubaus der Stadtbahnlinie 1 von Zwötzen nach Untermhaus, im Zuge derer 6 km Doppelgleise neugebaut wurden (Abbildung 1). Auf einem Teil der Strecke wurde ein spezielles „Masse-Feder-System“ verbaut, um die Lärmbelastung durch die Bahn zu mindern. Auf insgesamt 2 km der Strecke war es möglich eine Gleisbettbegrünung zu installieren, was all jene Bereiche umfasst, in denen der Gleiskörper separat verläuft und nicht zugleich vom KfZ-Verkehr befahren wird (Abbildungen 2 & 3). Mit der Gleisbettbegrünung wollte die Stadt zum einen die Akzeptanz der Straßenbahn in der Bevölkerung erhöhen und zum anderen eine zusätzliche gestalterische Besonderheit im Hinblick auf die Bundesgartenschau 2007 schaffen. Mit der Anlage der Rasengleise wurde eine Flächenentsiegelung von über 900 m² im städtischen Zentrum Geras erwirkt.
Abb. 2: Separat verlaufende Rasengleise in der Küchengartenallee
Abb. 3: Hochliegende Rasenfläche, Schienen und Rasen befinden sich auf nahezu einer Ebene
Als Bauform wurden hochliegende Rasenflächen (Abbildungen 2 & 3) gewählt, in der die Schiene und deren Befestigung in den Rasenkörper eingebettet sind und somit Rasen und Gleise auf einer Höhe liegen. Neben den Rasengleisen hat die GVB Verkehrs- und Betriebsgesellschaft Gera mbH mehrere hundert Bäume zur zusätzlichen Begrünung gepflanzt, um das Stadtbild grüner zu gestalten und aufzuwerten.
Im Gegensatz zum klassischen Schotterbett bedürfen Instandhaltung und Pflege bei einer Gleisbettbegrünung einer etwas verstärkten Beachtung. So machen insbesondere Trockenperioden auch der Gleisbettbegrünung stark zu schaffen, dadurch, dass der Gleiskörper austrocknet und der Rasen verdorrt. Die GVB Gera versucht dem mit einem umgerüsteten Waggon entgegenzuwirken (Abbildung 4). Dieser bewässert den Rasen während der Fahrt aus den Stoßstangen mit Regenwasser, welches über die Dächer der Betriebshallen auf dem Gelände der GVB gesammelt wird. Dennoch haben die immer trockeneren Sommerhalbjahre, insbesondere die Sommer der Jahre 2018 und 2019, auch dieser Bewässerungsstrategie ihre Kapazitätsgrenzen aufgezeigt.
Abb. 4: Bewässerung der Rasengleise mit Regenwasser
Neben der Gleisbettbegrünung der Straßenbahnlinie 1 kamen im November 2008 1,2 km neue Rasengleise auf der Straßenbahnlinie 3 im Stadtteil Tinz hinzu. Auch diese Maßnahme trägt weiter dazu bei, die Stadt grüner zu gestalten, den Abfluss bei Starkregenereignissen zu verringern und den Wärmeinseleffekt zu reduzieren (Abbildung 5). Die Stadt möchte in Zukunft das Konzept der Rasengleise weiterverfolgen und auch an anderer Stelle im Stadtgebiet, z. B. auf der Wiesestraße, ausbauen.
(Stand der Ausarbeitung/Redaktionsschluss: Mai 2021)