Gutes Beispiel: Sanierung des Nikolaikirchhofs in Altenburg
Beispiel für Handlungsmöglichkeit: Entsiegelung
Oberflächen, die nicht vollständig versiegelt sind, ermöglichen die Aufnahme von Niederschlagswasser durch den Bodenkörper. Das Wasser wird somit nicht, bzw. nicht ausschließlich der kommunalen Entwässerung zugeführt, kann aus dem Boden verdunsten und somit das lokale Mikroklima während Hitzeperioden verbessern und bioklimatischen Belastungszuständen vorbeugen. Zudem heizen sich (teil-) entsiegelte Bereiche weniger stark auf als vollversiegelte Flächen. Im Zuge künftiger Planungsvorhaben sollte deshalb stets darauf geachtet werden, dass nach Möglichkeit nicht komplett versiegelt wird.
Abb. 1: Der Nikolaiturm wurde als Pfarrkirche 1140 erstmals urkundlich erwähnt
Der Nikolaikirchhof mit dem Nikolaiturm liegt zentral im gleichnamigen Nikolaiviertel der historischen Altenburger Innenstadt (Abbildung 1). Der Turm besteht seit dem 12. Jahrhundert und die städtebauliche Struktur des Viertels um den Nikolaikirchhof wurde vor allem im 16. und 17. Jahrhundert geprägt, als die meisten der heute bestehenden Häuser erbaut worden sind. In der DDR-Zeit wurde auf dem Nikolaikirchhof ein Garagenbau errichtet. Die umliegenden Freiflächen waren vollständig versiegelt und wurden ebenfalls als Parkfläche verwendet (Abbildung 2 und 3). Niederschlagswasser wurde nahezu vollständig der Kanalisation zugeführt. Da der Platz in erster Linie als Parkfläche fungierte, war die Aufenthaltsqualität entsprechend gering.
Abb. 2: Blick in Richtung Südwesten auf den Nikolaikirchhof vom Nikolaiturm mit dem Garagenbau (1997)
Abb. 3: Blick in Richtung Süden auf den Nikolaikirchhof vom Nikolaiturm (1997)
Im Jahr 1999 wurde der Garagenbau auf dem Nikolaikirchhof beseitigt und es wurden archäologische Ausgrabungsarbeiten durchgeführt (Abbildung 4). Von Mai 2001 bis Oktober 2002 erfolgte eine grundhafte Sanierung des Kirchhofs; das Deckmaterial wurde abgetragen und Versorgungsleitungen erneuert (Abbildung 5). Der Platz wurde gepflastert, was zumindest eine teilweise Aufnahme von Niederschlagswasser ermöglicht, und mit Sitzgelegenheiten und Bäumen in der Platzmitte ausgestattet. In einem weniger stark frequentierten Bereich wurde ein abgegrenztes unversiegeltes grünes Plateau mit extensiver Begrünung und geringer Pflegeintensität errichtet (Abbildungen 5 und 8).
Abb. 4: Archäologische Ausgrabungsarbeiten auf dem Nikolaikirchhof. Luftbild 2001
Abb. 5: Der Nikolaikirchhof nach der Sanierung. Luftbild 2013
Der Umbau und die Sanierungsarbeiten auf dem Nikolaikirchhof wurden mit knapp 600.000 € aus dem Bund-Länder-Programm für städtebaulichen Denkmalschutz gefördert.
Abb. 6: Der Nikolaikirchhof nach der Sanierung, Blick aus der Sterlsgasse
Abb. 7: Pflaster auf dem Nikolaikirchhof
Durch die Sanierungsmaßnahme erfuhr der historische Kern der Altenburger Innenstadt eine deutliche Aufwertung (Abb. 5). Im Gegensatz zu einem Baum auf einem ansonsten vollversiegelten Platz, ist dieser seit der Maßnahme bepflastert und verfügt über eine begrünte Fläche (Abb. 6 – 9), sodass Niederschlagswasser versickern und zurück in die Umgebungsluft verdunsten kann. Neben den ästhetischen und funktionalen Aspekten der Umgestaltung wurde die Aufenthaltsqualität dementsprechend auch klimatisch verbessert. Der Nikolaikirchhof als attraktiver Aufenthaltsort hat im Anschluss an die Sanierungsmaßnahme das Interesse in der Bevölkerung geweckt, was beispielhaft in der Debatte über die Parkplatzsituation im Jahr 2005 deutlich wurde. Aus einem Bürgerentscheid folgte die Ablehnung der Parkmöglichkeiten, nachdem ursprünglich 28 Parkplätze vorgesehen waren. Der Platz sollte verstärkt seiner Funktion als Treffpunkt und Aufenthaltsbereich für die Anwohnerschaft, als Möglichkeit für Zeitvertreib mit Kindern, als Ort für Märkte, Feste und kulturelle Veranstaltungen zugeführt werden.