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Einrichtung einer kommunalen Wasserwehr

Gefahrenabwehr bei Hochwasser ist keine Kür, sondern Pflicht. Die Verantwortung für die Hochwasservorsorge verteilt sich sowohl bundesweit durch das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) auf jeden Einzelnen:

„Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen, insbesondere die Nutzung von Grundstücken den möglichen nachteiligen Folgen für Mensch, Umwelt oder Sachwerte durch Hochwasser anzupassen“ (§ 5 Abs. 2 WHG), als auch durch das Thüringer Wassergesetz (ThürWG) auf die Kommunen im Land:

„Die Gemeinden haben einen Wasserwehrdienst einzurichten und erforderliche Hilfsmittel bereitzuhalten, wenn sie erfahrungsgemäß durch Hochwasser gefährdet sind. Das Nähere regeln die Gemeinden durch Satzung. In dieser Satzung können die Gemeinden gegenüber ihren Bewohnern Dienste zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgabe des Wasserwehrdienstes unter angemessener Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Bewohner anordnen“ (§ 55 Satz 1 und 2 ThürWG).

Sandsäcke schützen Tür vor schmutziger Wasserflut

Abb. 1: Eigenvorsorge gehört zu den Aufgaben und Pflichten der Bürger

(Bildquelle: Depositphotos.com)

Um die Aufgaben zu erfüllen, die aus dem § 55 ThürWG resultieren, hat eine Gemeinde grundsätzlich zwei Möglichkeit. Zum einen kann die den Wasserwehrdienst per Satzungsänderung an die örtliche Feuerwehr übertragen. Zum anderen kann sie den Wasserwehrdienst als eigenständige Einheit per Satzung aufbauen. Gerade im ländlichen Raum wird oftmals die Übertragung auf die Feuerwehr bevorzugt, während in größeren Gemeinden auch ein eigenständiger Wasserwehrdienst die geeignetere Lösung darstellen kann. Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) unterstützt die Gemeinden bei der Organisation ihres Wasserwehrdienstes mit der „Handlungsempfehlung zur Errichtung eines gemeindlichen Wasserwehrdienstes in Thüringen“ und entsprechenden Mustersatzungen.

Hichwasserschutzanhänger mit Aufschrift "Wasserwehr Nordhausen" auf roter Plane

Abb. 2: Hochwasserschutzanhänger der Wasserwehr Nordhausen

(Bildquelle: Stadt Nordhausen)

Die Hauptaufgaben der Wasserwehr werden in der Satzung und dem aufzustellenden Organisationsplan definiert. Wichtige Inhalte dabei sind:

  • Wo befinden sich Gefahrenstellen und/ oder Risikoschwerpunkte?
  • Wer übernimmt die Einsatzleitung?
  • Welche personellen und materiellen Ressourcen sind vorhanden?
  • Wie werden Informationen weitergeleitet?
  • Wie funktioniert im Ernstfall der Alarm?
  • Wo ist der Sammelort, das Materiallager?
  • Woher kommen Verpflegung, Ablösung und Nachschub?

Auf Grundlage dieser konzeptionellen Vorarbeit kann die Gemeinde einen Alarm- und Einsatzplan erarbeiten, in dem sie u. a. folgende Punkte konkretisiert und/oder Verantwortliche bestimmt:

  • Lage von Risikoschwerpunkten, vorrangig zu schützende Nutzungen
  • Beobachtung und Meldung von Wetter und Pegelständen, ggf. Eisführung (Kontrollgänge/ -fahrten, „WarnWetterApp“ des DWD, Hochwassernachrichtenzentrale (HNZ) des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz, bundesweite Warn-App „Meine Pegel“)
  • Einschätzung der Gefährdungslage und Warnung oder Alarmierung über festgelegtes Stufensystem
  • Kontrolle der Wasserläufe, v. a. an Engpässen, Hindernisse, kleinere Fließgewässer und ggf. Meldung von kritischen Bereichen an Gewässerunterhaltspflichtige
  • aktive Gefahrenabwehr im Überflutungs-/Überschwemmungsfall
  • Organisation und Koordination der Aufräumarbeiten
  • Information und Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Anleitung zur Selbsthilfe für Wassergeschädigte, Nachwuchs- und Ehrenamtlichenförderung) (TMUEN 2016, TMUEN 2021)

Für die erstmalige Ausstattung zur Wahrnehmung des Wasserwehrdienstes können Gemeinden Förderung vom Land erhalten. Voraussetzung dafür ist die Gründung eines kommunalen Wasserwehrdienstes mit rechtmäßiger Satzung und Organisationsplan. Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) fördert die Erstausstattung kommunaler Wasserwehren mit bis zu 50.000 EUR. Die Einsatzkräfte der Wasserwehrdienste haben zudem die Möglichkeit an Schulungen teilzunehmen, an denen sich das Land durch finanzielle Unterstützung beteiligt. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer reduzieren sich damit die Teilnahmegebühren.

Siehe auch: Gutes Beispiel "Wasserwehr Nordhausen"

Sandsäcke begrenzen überflutete Dorfstrasse mit Fachwerkhäusern im Hintergrund

Abb. 3: Zügig errichtete Schutzmaßnahmen bei einem Hochwasserereignis durch die Wasserwehr

(Bildquelle: Stadt Nordhausen)
Bewertung der Maßnahme hinsichtlich wesentlicher Parameter
Spidergrafik zur Bewertung der Maßnahme mit den Parametern Wirkung, Wirtschaftlichkeit, Gestaltung, Akzeptanz, Biodiversität und Nachhaltigkeit

Erläuterung:

■  rot/orange: schlecht bzw. Verschlechterung, negativer Einfluss
■  gelb: neutral bzw. nicht relevant, kein/kaum Einfluss
■  hellgrün: gut bzw. geringfügiger positiver Einfluss
■  grün: sehr gut bzw. positiver Einfluss
■  dunkelgrün: ausgesprochen gut bzw. deutlicher positiver Einfluss

Parameter:

Wirkung: Effektivität der Maßnahme im Sinne der Klimaanpassung
Wirtschaftlichkeit: Kosten-Nutzen-Verhältnis (Initial- und Folgekosten)
Gestaltung: Raumwirkung, Beeinflussung des Lebensumfelds
Akzeptanz: Beeinflussung der Lebensqualität, mögliche Widerstände
Biodiversität: Beeinflussung der Artenvielfalt/Lebensräume
Nachhaltigkeit: Langlebigkeit/Beständigkeit, Ressourceneffizienz

Ansprechpartner

TMUEN – Hochwasser- und Gewässerschuztz
(https://umwelt.thueringen.de/themen/boden-wasser-luft-und-laerm/hochwasser-und-gewaesserschutz)

Aktion Fluss (Downloads Handreichungen)
(https://aktion-fluss.de/downloadbereich/)

TLUBN – Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz
(https://tlubn.thueringen.de/wasser)

Landkreise und kreisfreie Städte (Untere Wasserbehörde)

Förderung

Thüringen

TMUEN (Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz) (2020): Richtlinie über die Förderung des Hochwasserschutzes und der Fließgewässerentwicklung in Thüringen im Rahmen der „Aktion Fluss - Thüringer Gewässer gemeinsam entwickeln“ vom 21.08.2020
(
https://www.aufbaubank.de/Foerderprogramme/Hochwasserschutz-und-Fliessgewaesserentwicklung-Foerderung)