Kleinere Fließgewässer
Gerinne, Gräben und Bäche verlaufen oft relativ unbeachtet. Häufig wurde ihr Lauf in der Vergangenheit verändert, abschnittsweise verrohrt oder in die Kanalisation eingeleitet. Fallen im Sommer kleinere Gewässer trocken, geraten sie schnell in Vergessenheit. Dabei schlummert großes Potenzial in ihnen, dass sich für die Starkregenrisikovorsorge hervorragend nutzen lässt.
Bleibt es unbeachtet, stellen kleinere Fließgewässer eine Gefahr im Starkregenfall dar, denn sie haben einen kleinen Fließquerschnitt, der ihr hydraulisches Leistungsvermögen begrenzt. Fallen extreme Niederschläge, schwellen die Abflüsse in den Gerinnebetten schnell stark an und treten über die Ufer. Engpässe und Hindernisse im Gewässerverlauf, wie niedrige Brücken, Durchlässe oder Leitungsquerverläufe können zu Rückstau führen. Aber auch schlecht unterhaltene Gewässerabschnitte (verlandete und verkrautete Profile) setzen das Abflussvermögen der Fließgewässer herab. Durch Starkregenabflüsse mitgerissenes Material (z. B. Geröll, Treibgut, Strohballen) verstärkt die Gefahr von Verklausungen an diesen neuralgischen Punkten, so dass die Wassermassen die vorgezeichneten Wege verlassen und unkontrolliert abfließen. Sind solche hydraulischen Engpässe bekannt, können sie im Rahmen des Starkregenrisikomanagements behoben werden.
2019 wurden in Thüringen bereits flächendeckend Wasserunterhaltungsverbände gegründet. Zu den Aufgaben der Verbände zählen neben der Behebung von Abflussengpässen und deren Kontrolle die regelmäßige Inspektion, Wartung und Instandhaltung der Gewässerläufe sowie die Aufräumarbeiten vor und nach Starkregenereignissen. Ein wichtiger Baustein hierfür ist die Information und Sensibilisierung betroffener An- und Unterlieger. Alle Wasserunterhaltungsverbände haben eine Geschäftsleitung, Personal und entsprechende Technik, wodurch der Hochwasserschutz erheblich professionalisiert wurde. Eine enge Zusammenarbeit der Stabstellen mit der Bürgerschaft zur Gewässerunterhaltung sowie die ehrenamtliche Mitarbeit (z. B. Meldung von Treibgutansammlungen an neuralgischen Punkten und sonstigen Besonderheiten, Mithilfe bei Aufräumarbeiten vor und nach Starkregenereignissen, Unterhaltung von Wasserläufen auf Privatgelände) ist für die Umsetzung der Aufgabenfelder empfehlenswert.
Funktionstüchtige kleinere Fließgewässer können einen Beitrag zur Überflutungsvorsorge leisten. Außerhalb der Ortschaften gilt es dabei, Wasser zurückzuhalten und den Abfluss zu verzögern. Hierfür empfehlen sich folgende Maßnahmen:
- Freihaltung bzw. Anlage von Retentionsräumen und Gewässerrandstreifen
- Gewässerrenaturierung (Rückbau von Sohl- und Uferbefestigungen, Anlage von Flutmulden)
- situativ erforderlicher Erosionsschutz
Abb. 1: Potenzielle Verklausungsgefahr - Bachlauf mit Rohrdurchlass in ländlicher Siedlung
Abb. 2: Offener Gewässerlauf im Siedlungsgebiet mit naturnahem Uferbereich und großzügigem Abflussquerschnitt
Innerhalb der Siedlungen liegt der Fokus auf der schnellen, kontrollierten und schadensarmen Ableitung der Starkregenwassermassen. Geeignete Maßnahmen hierfür sind:
- Entschärfung hydraulischer Gefahrenstellen (z. B. Verrohrungen, Durchlässe, Brücken, Stege, Mauern, querende Leitungen) durch Rückbau, Offenlegung, Aufweitung usw.
- situationsgerechte Anpassung und ggf. Vergrößerung der Abflussquerschnitte im Gewässerverlauf
- Optimierung der Einlaufbauwerke (z. B. Einrichtung von Geröllfängen, Einbau geeigneter Rechen, Netze oder Gitter für größeres Schwemmmaterial)
- Freihaltung bzw. Anlage von Notwasserwegen sowie multifunktionalen Flächen zur Retention bzw. Zwischenspeicherung
Werden Wasserläufe im urbanen Raum offengelegt und ansprechend gestaltet, leisten sie gleichzeitig einen Beitrag zur Hitzevorsorge und steigern die Attraktivität des Wohnumfelds.
Erläuterung:
■ rot/orange: schlecht bzw. Verschlechterung, negativer Einfluss
■ gelb: neutral bzw. nicht relevant, kein/kaum Einfluss
■ hellgrün: gut bzw. geringfügiger positiver Einfluss
■ grün: sehr gut bzw. positiver Einfluss
■ dunkelgrün: ausgesprochen gut bzw. deutlicher positiver EinflussParameter:
Wirkung: Effektivität der Maßnahme im Sinne der Klimaanpassung
Wirtschaftlichkeit: Kosten-Nutzen-Verhältnis (Initial- und Folgekosten)
Gestaltung: Raumwirkung, Beeinflussung des Lebensumfelds
Akzeptanz: Beeinflussung der Lebensqualität, mögliche Widerstände
Biodiversität: Beeinflussung der Artenvielfalt/Lebensräume
Nachhaltigkeit: Langlebigkeit/Beständigkeit, Ressourceneffizienz
Ansprechpartner
TMUEN – Hochwasser- und Gewässerschuztz
(https://umwelt.thueringen.de/themen/boden-wasser-luft-und-laerm/hochwasser-und-gewaesserschutz)
AKTION FLUSS – Thüringer Gewässer gemeinsam entwickeln. (https://aktion-fluss.de/) (Thüringer Landesprogramme Hochwasserschutz und Gewässerschutz 2022 – 2027)
TLUBN – Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz
(https://tlubn.thueringen.de/wasser)
Landkreise und kreisfreie Städte (Untere Wasserbehörde)
Förderung
TMUEN (Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz) (2020): Richtlinie über die Förderung des Hochwasserschutzes und der Fließgewässerentwicklung in Thüringen im Rahmen der „Aktion Fluss - Thüringer Gewässer gemeinsam entwickeln“ vom 21.08.2020
(www.aufbaubank.de/Foerderprogramme/Hochwasserschutz-und-Fliessgewaesserentwicklung-Foerderung)